Was steht an?

Es gibt in meinem Leben zwei große ‚Aufgaben‘. Eine kranke Lunge (Mukoviszidose) und eine kranke Seele (PTBS, Panikattacken). Beides erfordert viel Zeit, noch mehr Energie und einiges an täglicher Aufmerksamkeit. Gestern war ein Wendepunkt in meinem Leben. Bisher hab ich mich gedanklich sehr viel mit meiner Lungenerkrankung beschäftigt, war in sämtlichen Muko-Foren auf Facebook aktiv, was mich auch oft runtergezogen hat, weil nunmal viele junge Menschen leider immer noch daran sterben, viele andere brauchen eine neue Lunge und warten auf die Transplantation. Da gibt es nichts zu beschönigen. Ich gehöre auch nicht mehr zu denen, deren Lunge noch fit ist und die ihren Alltag noch gut bewältigen können, Sport machen können oder arbeiten gehen können. Ich bin mittlerweile schon stark eingeschränkt. ABER. Jetzt kommt das große ABER. Ich bin zum Glück – theoretisch- noch in der Lage , viele, viele schöne Dinge zu unternehmen. Theoretisch, denn was mich davon abhält, ist das zweite schwere Paket- das Trauma, die Panik. In jedem noch so kleinen Moment kommt sie aus ihrer Ecke und springt mir in den Nacken und ja, verdirbt mir oft den Spass am Leben. Oft schüchtert sie mich so ein, dass ich lieber zuhause bleibe als mich ihr zu stellen. Meine kostbare Zeit lass ich mir also durch diese Panik stehlen. Da läuft was falsch! Und deshalb kehre ich erstmal ‚gedanklich‘ der Lunge den Rücken zu, sie bekommt alles an Therapie, was sie braucht, aber das Schicksal anderer, fremder Mukos kann ich mir momentan nicht zu Herzen nehmen (das gilt natürlich nicht für Muko-Freunde), weil ich Energie für das Projekt ‚Panikbewältigung‘ brauche. Es fühlt sich richtig an, da jetzt meine Kraft reinzustecken. Meine Übungen zu machen, die ich in der Therapie erarbeitet habe. Neues auszuprobieren. Die ein oder andere Exposition zu machen. Schritt für Schritt. Ich habe ein großes Ziel, meinen größten Wunsch vor Augen: ans Meer zu fliegen! Ich weiß, es ist ein großes Ziel, aber ich möchte es schaffen! imag1377

Laute Welt

Manchmal ist es schwierig in dieser lauten Welt gehört zu werden.
Manchmal ist es unmöglich unter all den Selbstdarstellungen nicht vergraben zu werden.
Es gibt wenige, die zuhören, weil sie lieber ihre eigenen Worte hören.
Es gibt wenige, die wirklich Interesse haben, weil sie lieber ums eigene Ego kreisen.
Und dann gibt es DIE, die dir zuhören und leise sein können, die aufmerksam sind und denen die Welt da draussen auch zu laut und zu schrill ist. Die, die Ruhe und Besonnenheit ausstrahlen, weil sie sich von dem Trubel nicht beirren lassen. Die, die Höhen und Tiefen mit dir bestreiten, weil sie selbst wissen, dass das Leben nicht nur aus Glitzer besteht. Das sind die Menschen, die mir zeigen, wie schön das Leben sein kann- abseits.

 

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Jeder Tag kann ein Glückstag sein

‚Was ist heute für ein Tag?‘ frage ich das Leben. ‚Heute ist dein Glückstag‘ flüstert es leise kichernd in mein Ohr. ‚Oh, warum Glückstag?‘ frage ich wunderlich erstaunt, wie kann sich das Leben da so sicher sein. Wo hat sich das Glück denn versteckt in diesem kleinen, tristen Alltag, der eher blassgrau ist als hell funkelnd und vor Freude glühend. ‚Da!‘ und das Leben lenkt meine neugierigen Augen zu diesem großen Fenster in den Innenhof. Genau DA! Ich sehe einen zartrosa blühenden Kirschbaum, der sich in den strahlend blauen Frühlingshimmel räkelt und die goldene Sonne küsst. Ich öffne das Fenster und spüre die warmen Sonnenstrahlen und einen leichten Wind, der meine Haut kitzelt. Und DA! Das Leben zeigt auf einen lächelnden Menschen ‚Siehst du nicht, wieviele Menschen dir heute schon ein Lächeln geschenkt haben?‘ Eines von diesen ‚es wird alles gut‘- Lächeln. Und schon macht sich ein ebenso beruhigendes Lächeln auf meinen Lippen breit. Und DA! ‚Was ist da? Da bin doch ich‘? Barfuß sitze ich in diesem Bett und spiele mit meinen blonden Locken. Mein Herz schlägt mit dem Puls des Lebens und ich atme- von Tag zu Tag ein Stück tiefer. Da ist Freude und eine geheimnisvolle Sehnsucht. ‚Verstehst du jetzt, warum heute dein Glückstag ist?‘ Ich lächle zurück.

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Liebes Meer…

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Liebes Meer, meine große Liebe, wir werden uns dieses Jahr nicht sehen…ich weiß, wir waren verabredet, aber ich schaffe es nicht zu dir zu kommen…
Was soll ich sagen? Das Leben hat manchmal andere Pläne! Andere Pläne, als ich sie hatte.
Die letzten Wochen haben mich körperlich und teilweise auch psychisch an meine Grenzen gebracht. Ich dachte ‚ach, die Scheiß Weisheitszahn OP steckste schon weg‘, aber soooooo einfach war es dann doch nicht. Es hat mich dermassen geschwächt, dass ich jetzt- 3 Wochen danach- immer noch weit entfernt von meinem Alltagsmodus bin. Wirklich weit. Und ich kann mich nicht erinnern, wann ich mal so fix und alle war.
Der Plan war, dieses Wochenende nach Italien zu fahren, ans Meer- natürlich. 10 Stunden Autofahrt. Ich hab es schweren Herzens abgesagt, weil ich mir momentan nichtmal vorstellen kann, eine kurze Strecke zu fahren. Oder nen Ausflug zu machen. Wie soll ich dann mehrere Stunden im Auto überstehen?
Es war die richtige Entscheidung, aber ich knabbere dran. Es war mein großer Wunsch, es war die ganze Zeit mein Ziel, das ich vor Augen hatte, das, wofür ich gekämpft hatte. Und jetzt, pffffft, zerplatzt dieser Wunsch wie eine Seifenblase und ich steh leer da. Leer ist das passende Wort, weil ich mich wirklich leer fühle.
Es ist schwierig zu akzeptieren, dass ich nicht so kann wie ich will, dass mein Körper vorgibt, was geht und was eben nicht geht. Und in solchen Momenten verfluch ich die Krankheit. Warum? Warum kann ich nicht frei sein? Warum kann ich nicht hinaus in die weite Welt, so wie es andere Menschen, meine Freunde auch können? Was ist verkehrt an mir? Was mach ich falsch? Ja, ich weiss, das letzte was ich jetzt brauche sind Selbstvorwürfe. Besser wäre es, mich liebevoll zu trösten. Weil, und das ist wahrscheinlich das entscheidende: ich kann nichts dafür, ich habe mein Bestes gegeben, aber manchmal ist das Leben so, manchmal geht ein Wunsch in Erfüllung, manchmal nicht, wir haben es nicht in der Hand, wohin uns das Schicksal führt, wohin die Reise geht.